
In der Grafschaft Lippe wurden keine Thesen an Kirchentüren genagelt, keine dramatischen Streitgespräche geführt, Luther selbst war nie hier. Aber: Reformation fand auch hier statt und – die Grafschaft Lippe stellt einen spannenden Sonderfall dar. Hier nahm die Reformation einen besonderen Weg. Per „Machtwort“ entschieden die Landesherren über die Konfession Ihrer Untertanen. Ablässe wurden wertlos, Marien- und Heiligendarstellungen aus den Kirchen entfernt, die einst bedeutende Wallfahrt in Wilbasen verlor ihre Anziehungskraft, Mönche und Nonnen verließen ihre Klöster.
Seine erste evangelische Kirchenordnung erhielt Lippe 1538 – gut 20 Jahre nach Luthers berühmtem Thesenanschlag. Simon V. zur Lippe (* 1471, † 1536) hatte den evangelischen Glauben noch dezidiert bekämpft. Als er starb, war sein Sohn Bernhard VIII. (*6. Dezember 1527, † 15. April 1563) acht Jahre alt und noch nicht Regierungsfähig. Seine Vormundschaft übernahm Philipp von Hessen der das neue Bekenntnis einführte. Wenige Jahrzehnte nach der Einführung des Luthertums ereignete sich ein erneuter konfessioneller Wandel. Unter Graf Simon VI. (* 15. April 1554, † 7. Dezember 1613) wurde Lippe evangelisch-reformiert, allein die Stadt Lemgo blieb lutherisch. Bis heute sind in Lippe beide Glaubensbekenntnisse in Koexistenz vertreten: die evangelisch-reformierte und evangelischlutherische Kirche.

Die Kanzel ist ein besonderer Teil der Kirche, in der der Priester den Gläubigen eine Predigt hält. Die Kanzel hat normalerweise die Form eines kleinen Balkons links vom Hauptschiff einer Kirche. Der Protestantismus betonte von seinen Anfängen an die Rolle der verbalen Anbetung, des Lesens von Gottes Wort und des Predigens, so dass in protestantischen Kirchen Kanzeln oft in die Mitte des Hauptaltars verschoben werden.
Predigtstuhl, aus der Evangelisch-reformierten Kirche in Falkenhagen, ehemals Klosterkirche, 16. Jahrhundert, wurde mehrfach umgestaltet, die Bemalung stammt vermutlich aus dem 18./19. Jahrhundert.

Da die Predigt der längste Teil der protestantischen Sonntagsmesse ist, waren solche Sanduhren im 17. und 18. Jahrhundert auf Kanzeln sehr verbreitet. Auf diese Weise konnte der Pastor die Zeit der Predigt begrenzen und gleichzeitig konnte sein Publikum abschätzen, wie lange die Predigt ungefähr dauern würde.
Kanzel-Uhr, Evangelisch-lutherische Kirche Brake, 18. Jahrhundert.

Die Verehrung von Reliquien war vor der Reformation sehr verbreitet. Reliquien sind die sterblichen Überreste eines Heiligen oder seine persönlichen Gegenstände. Sie werden normalerweise in speziell dekorierten Behältnissen aufbewahrt. Diese stellt eine weibliche Heilige dar.
Reliquienbüste, 15. Jahrhundert, Lindenholz.

Der kleine Ort Wilbasen war im 15. Jahrhundert ein florierender Wallfahrtsort. Der katholische Glaube kannte zunächst die Bußpilgerfahrt, bei der eine lange Reise eine Form der Buße für die begangenen Straftaten war. Daraus entwickelte sich später die Gewohnheit, dass der Gläubige schwor, einen bestimmten geweihten Ort zum Dank für Gottes Hilfe in Not zu besuchen.
Madonna aus der Kapelle zu Wilbasen, 15. Jahrhundert, Lindenholz.

Im Christentum ist der Kelch ein Gefäß für Wein, das bei der Kommunion oder beim Heiligen Abendmahl die Gegenwart des Blutes Christi bedeutet.
Abendmahlskelch, Kirche Belle, 15. Jahrhundert, Silber, vergoldet.

Graf Simon VI. zur Lippe, Kopie aus dem 19. Jahrhundert. Das Original stammt vom Maler Simon Peter Tilemann, aus dem 17. Jahrhundert und befindet sich im Detmolder Schloss.